G8 oder G9

Eltern und Schulleitung einig: Belastung ist zu hoch

BATTENBERG (apa). Wenn intelligente Gymnasiasten darum bitten, in den Realschulzweig versetzt zu werden, braucht es für Helmut Frenzl, Direktor der Battenberger Gesamtschule, keine weiteren Signale: Dann ist es Zeit, einen Gang zurückzuschalten von G8 auf G9. Mit dem neuen Schuljahr warten nach der Grundschule wieder weitere neun Jahre Unterricht auf die Schüler.


 

Die Gesamtschule Battenberg kehrt (wie vergangene Woche berichtet) zu-rück zu G9: 13 Jahre Schule bis zum Abitur. Allerdings hält sich die Schule die Option offen, irgendwann zu G8 zurückzukehren, falls die Rahmenbe-dingungen geändert werden. Diese Entscheidung wurde aufgrund der Wünsche der Eltern getroffen, die sich mit Frenzls decken.Zwei Jahrgänge – die aktuellen Jahrgänge fünf und sechs mit jeweils zwei Klassen – sind bereits in das G8-System eingestiegen. Sie müssen auch weiterhin mit veränderten Stunden-plänen rechnen, auch wenn die Schule zu G9 zurückkehrt. Das bedeutet für Frenzl und das Kollegium, dass diese vier Klassen in den nächsten Jahren anders unterrichtet werden müssen als die anderen. Das Chaos, das durch ver-schiedene Lehrpläne und Unterrichts-materialien entsteht, ist dabei neben-sächlich. Unmut ist besonders bei den Eltern der Fünftklässler zu spüren, denn für sie wäre eine Umstellung un-problematisch gewesen. Ein Problem hat Frenzl ebenso wie viele Eltern mit den schon jetzt deutli-chen negativen Auswirkungen auf die Schüler. Denn die haben kaum noch Freizeit: zu den vorgeschriebenen 30 Wochenstunden Unterricht kommen üblicherweise eine Stunde Musik-klasse, eine Stunde bilingualer Unter-richt, durchschnittlich zwei Stunden aus dem offenen Ganztagsangebot und eventuell eine weitere Stunde Lese-Rechtschreib-Förderung. Das ergibt ein Pensum von 35 Stunden.„Und dann müssen die Schüler auch noch ihre Hausaufgaben machen“, schimpft Frenzl. Aber auf die können viele Lehrer nicht verzichten. Bestes Beispiel: die Fremdsprachen. Irgend-wann müssen die Vokabeln nun mal gelernt werden.Hinzu kommen Hobby und Konfir-mandenunterricht, später Fahrstunden – nach Frenzls Ansicht schlicht zu viel für Kinder und Jugendliche. Und für die Vermittlung von wichtigen Schlüssel-qualifikationen wie Sozial- und Metho-denkompetenz bleibt dem Kollegium laut Frenzl gar keine Zeit mehr. „Und was ist mit Drogenprävention und Ver-kehrserziehung, die auch immer zu un-seren Aufgaben gehört haben?“, fragt Frenzl. „Das alles nimmt uns die Luft zum Atmen.“ Grundsätzlich hat Helmut Frenzl ge-gen den Plan, in acht Jahren zum Abitur zu kommen, gar nichts einzuwenden – aber es müsste anders organisiert sein, betont der Schulleiter. In der Oberstufe gebe es viel mehr Möglichkeiten, den Unterricht zu straffen. In den letzten Schuljahren seien die Schüler erwach-sener und damit auch belastbarer als in der fünften und sechsten Klasse. In der siebten und achten seien sie wiederum oft unmotiviert und mit der Pubertät schon „beschäftigt“ genug. Ein anderer Weg, G8 sinnvoll um-setzen zu können, wäre als gebundene Ganztagsschule. „Da ist alles drin, auch die Hausaufgaben, und um 16 Uhr ist Schluss“, sagt Frenzl. Ihn ärgert der „Schnellschuss“ der Regierung bei der Umstellung des Schulsystems, denn viele Fragen seien noch offen – so zum Beispiel, welchen Abschluss G8-Schü-ler haben, wenn sie nach der elften Klasse aufhören. ( Auszug aus: Frankenberger Zeitung vom 20.06.08)